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Von San Pedro aus treten wir die letzte und gleichzeitig längste (23 Std.) Busfahrt zu unserem letzten Ziel in Südamerika an – nach Chiles Hauptstadt Santiago. Von den bisherigen Busfahrten verwöhnt, freuen wir uns auf Bordservice, Filme und einen schnellen Schlaf… Also die Filme gab es… Der „Service“ besteht aus zweimal einem Trinkpäckchen und einer kleinen Packung Waffelkekse (innerhalb 23 Std!!!). Zum Glück haben wir noch etwas zu trinken dabei.. Schlafen kann man jedoch verhältnismäßig gut, aber ich bin viel zu aufgeregt und zu interessiert an der vorbeifliegenden chilenischen Landschaft, dass ich nur in der Nacht ein paar Stunden schlafe. Der Bus durchquert die halbe Atacama-Wüste – karge Landschaften, so weit das Auge reicht. Viele Steinbrüche, Zementwerke und Kupferminen sind zu sehen und ab und zu ein kleines staubiges Dorf. Zudem passieren wir auch die größte Kupfermine der Welt. Für den Zwischenhalt in Antofagasta fährt der Bus jedoch über eine Hügelkette hinweg aus der Wüste direkt an die Küste – unser erster Blick auf den Pazifik!! Die Sonne geht gerade unter und wirft die Stadt, die sich den Berg hinauf schlängelt, in ein unglaublich buntes Licht aus violett, rot und orange. Besser konnte der erste Pazifik-Eindruck nicht sein!

 

In Santiago angekommen, beziehen wir ein Doppelzimmer in einem Hostel, das eine komplette Etage in einem großen Mietshaus am Hauptplatz der Stadt belegt. Von dort kann man auf einer Terrasse das bunte Treiben auf dem Platz beobachten und davon gibt es eine ganze Menge! An Aktivitäten und Sightseeing planen wir nichts, denn es muss noch einiges für den Flug und Aufenthalt in Australien vorbereitet werden. Aber um etwas zu erleben, braucht man nur vor die Haustür zu treten – auf den „Plaza de Armas“. Der Platz erinnert an ein nie endendes Straßenfest und an jeder Ecke gibt es etwas zu entdecken. Die Promenade direkt vor unserer Haustür ist die Restaurantgasse. Ein Restaurant steht neben dem anderen – gegenüber davon sind zusätzliche Buden, bei denen man schnell im Stehen etwas zu Essen bekommt. Allesamt verkaufen Hotdogs mit diversen Belägen, gebratenes Huhn und verschiedenes Fleisch – auf Wunsch mit einem riesigen Berg Pommes, Röstzwiebeln und zwei Spiegeleiern. Wer gerade keinen Hunger hat oder wem gerade schlecht ist, sollte diese Gasse meiden, der Duft haut einen echt um…

 

Dann gibt es da in den diversen Ecken dreierlei Unterhalter: Die Alleinunterhalter, die Trommler und die Tänzer. Die Alleinunterhalter unterhalten die Menge damit, dass sie sich aus dem Publikum einzelne Personen herussuchen, sie ein wenig ausfragen und dann einen Witz auf deren Kosten reißen. Manche zeigen auch Zaubertricks oder spielen lebende Statuen. Die Trommler bestehen zumeist aus drei Männern mit riesigen Trommeln auf dem Rücken. Diese geben einen flotten Takt vor, während einer der drei Männer ein paar Ausfallschritte macht und sich dann trommelnderweise in hohem Tempo im Kreis dreht. Wahlweise werden die Trommler noch von einer Drehorgel begleitet. Die Tänzer sind immer paarweise in hübscher chilenischer Tracht und tanzen einen chilenischen (Gaucho?-)Volkstanz mit wedelnden Taschentüchern. Manchmal wird er Tanz auch in Gruppen unter einem hübschen steinerenen Pavillion getanzt, begleitet von der passenden folkloristischen Musik aus lauten Boxen.

Die lautesten sind aber mit Abstand die Prediger. Santiago scheint sehr erlösungsbedürftig zu sein, so intensiv wie hier gepredigt und missioniert wird. Und die Prediger rufen nicht nur – nein – sie haben sogar eine Anlage mit Mikrofon und Verstärker um den ganzen Platz zu beschallen. Um den Prediger herum steht eine kleine Betgemeinde, die zu den Aussagen des Predigers ihr „Amen“ ruft oder auch mal ein Lied anstimmt, damit der heiser gewordene Prediger etwas trinken kann. Ist die Predigt beendet, kommt das nächste Gemeindemitglied dran. Das geht dann von morgens um 9 bis abends um 10.

Und das ist noch nicht alles: es gibt nicht nur einen Prediger auf dem Platz, sondern bis zu drei, die sich gegenseitig durch die Lautstärke ihrer Anlagen zu übertrumpfen versuchen. Dazu denkt man sich nun die Musik der Tänzer, das Getöse der Trommeln und das Lachen der Zuschauer der Alleinunterhalter. Nicht zu vergessen natürlich noch den Autoverkehr und die Gerüche von der Restaurantgasse. Diese Geräuschkulisse beschallt also den gesamten Platz – und am Wochenende, wird das Ganze besonders ambitioniert betrieben, weil ja auch mehr Leute auf der Straße sind! Wer braucht da noch Sightseeing? Uns hat es gefallen!!