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Apo Island ist die winzig kleine Vulkaninsel, deren ferne, verführerische Umrisse während unserer Zeit auf Siquijor im Westen am Horizont zu sehen sind. Die Insel ist so klein, dass es keine richtige Quelle gibt (also kein Wasser aus der Leitung). Strom nur gibt es ein paar Stunden morgens und abends und natürlich kein – na gut, es gibt auch Internet wenn der Strom da ist. Dafür liegt direkt vorm Strand ein weitläufiger Korallengarten, in dem sich angeblich morgens zur Flut Seeschildkröten tummeln sollen.
Vor dem Vergnügen steht wiedermal die Arbeit: dorthin fahren. Während wir morgens auf Siquijor den guten 3-in-1 Kaffee trinken, regnet es noch in Strömen und ich packe meine Regenjacke griffbereit in den Rucksack. Grade rechtzeitig klart es auf, wir fahren im Tricycle zum Hafen und ab auf die alte klapprige Autofähre zurück nach Dumaguete. Unterwegs sehen wir eine Schule Delfine, die erst 5m neben der Fähre her schwimmt und dann unter dem Schiff durchtaucht. Die See ist spiegelglatt.

 


In Dumaguete gehts mit dem Bus weiter nach Malatapay und von dort mit der Bangka nach Apo. Die Überfahrt hat es in sich: hier hat das Meer weiße Schaumkämme und das 5 Meter lange Boot springt wie wild über die Wellen. Nach 5 Minuten sind wir, Reisepässe, Geld und Kreditkarte komplett meerwassergetränkt. Der Rest des Tages vergeht mit trocknen, essen, den Sonnenuntergang genießen und dem ersten Tauchgang mit dem Schnorchel.

Den zweiten und leider einzigen kompletten Tag, den wir auf Apo bleiben, verbringen wir sinnvollerweise fast komplett im Wasser: erst gehts mit Guide ins Sea Turtle Sanctuary, einem hundert Meter langen Strandabschnitt, den die Einheimischen umständlich mit Bojen abgesteckt haben um von den Touristen weitere 300 Pesos für einen Guide und Schnorchelausrüstung einzusacken. Die Meeresschildkröten jedoch halten sich nicht an die Absperrung. Gottseidank geht unsere Tour über den lächerlichen Nichtschwimmer-Bereich hinaus über zwei Buchten zum wirklich großartigen Korallengarten vor Apo Island. Wir tauchen also mit den bis zu einen Meter langen Seeschildkröten, die zwischen den Korallen grasen. Aus den vereinzelten Anemonen lassen sich Clownfische hervorlocken und auch sonst ist das Riff ein riesiges Aquarium aus ziemlich bunten Fischen. Aufregenderweise treffen wir auch auf eine Wasserschlange. Der Guide packt mich an der Schulter und zuerst weiß ich nicht, ob der mich zurückhalten will oder ob ich mir die Schlange anschauen soll. Ich tauche einfach mal, mache ein Foto und halte mich dann aber doch lieber an meine Schlangenphobie und gehe hinter Sara und dem Guide in Deckung. Beim Abendessen kommt später raus, dass die Schlange giftig war.

 

Nachmittags gehen wir wieder schnorcheln; zur Enttäuschung aller Guides vom Schutzgebiet diesmal alleine. Dann wandern wir schweißtreibend zum Lighthouse auf dem Gipfel des Vulkanbergs und genießen den Ausblick zurück nach Siquijor. Abends drehen wir noch eine Runde durch das wirklich idyllische Dorf, wo es einen tollen vier Meter hohen Weihnachtsbaum aus Kokosnussschalen gibt und fotografieren den Stolz der Insulaner: ihre prächtig posierenden Kampfhähne. Zum Sonnenuntergang wird überall lecker gegrillt und alle Kinder sind am Strand und spielen Beachvolleyball zwischen den Bangkas.

Das Inselleben allgemein ist ziemlich bodenständig. In unserem Badezimmer gibt es eine riesige Tonne mit Meerwasser: das ist zum Toilette spülen (denn die Toilette hat natürlich weder Klobrille noch Spülung). Geduscht wird mit Regenwasser aus einem extra Becken. Das Meerwasser in der Tonne ist zwar viel klarer, trotzdem kippen wir uns abends lieber das grüne Regenwasser über um nicht sandig und vom Salz klebrig im Bett liegen zu müssen.

 

Schlafen ist auch nicht so ganz einfach: es ist brutal heiß und wird punkt Mitternacht, wenn mit dem Strom der Ventilator ausgeht, noch heißer. Unter dem Dach sieht die Sara Ratten rumklettern. Also bauen wir uns wieder unter dem romantischen Himmelbett-Fliegennetz ein und hoffen, dass es alle Tiere draußen hält.

Wir liegen also verschwitzt die halbe Nacht wach und als wir am Mittwoch wieder weiterreisen, mache ich noch seltsame neue Erfahrungen mit Reisemüdigkeit: Ich wache morgens auf, liege im Bett und hab keinen Bock aufzustehen. Es geht wieder weiter und das bedeutet: Rucksack packen, nichts vergessen, zum Boot gehen, Chaos vermeiden, mit dem Boot fahren, nass werden, über einen philippinischen Vieh- und Allzweckmarkt laufen um den Bus zu finden, dabei Tricyclefahrer abwimmeln, Chaos bewältigen, sich neu orientieren, einen anderen Bus (unsere erste Jeepney-Fahrt!) finden, während der Fahrt aber natürlich keine Ahnung haben, wo wir aussteigen müssen; dann irgendwo aussteigen, mit dem Tricycle 150m zur richtigen Busstation fahren, vorher aber noch aufwendig den Preis für das Tricycle aushandeln (40 Euro-Cent). Dann den richtigen Bus finden, hoffen, dass der Conductor uns Bescheid gibt, wann wir aussteigen müssen. Am Hafenschalter Chaos verursachen (aber die Fähre wartet auf uns), Fähre fahren, Tricyclefahrer abwimmeln, am Straßenrand auf den Bus warten. Dann Bus fahren, aussteigen, was zu Essen auftreiben, den Preis für ein Tricycle aushandeln, Tricycle fahren, im neuen Resort einchecken, enttäuscht vom neuen Resort sein. So sehen zur Zeit unsere Tage aus, wenn wir unterwegs sind. Als ich morgens aufwache, hab ich also dieses Szenario vor Augen und sofort das EXAKT SELBE Gefühl, wie wenn ich Montagmorgens ins Büro fahren müsste. Also diese Stimme, die einem sagt: bleib liegen! BITTE!

 

Ist unser Urlaub jetzt also schon zur Arbeit geworden? Sind wir so abgestumpft, dass der Trip von Apo Island nach MoalBoal nichts anderes mehr ist als die alltägliche S-Bahnfahrt von Ismaning zum Münchner Ostbahnhof? Ehrlicherweise – NEIN, denn ich hätte heute Morgen ne 20-minütige S-Bahnfahrt noch definitiv vorgezogen! Aber wir beide sind mittlerweile, Gottseidank, echte Reiseprofis geworden und das ganze Chaos schockt uns kein bisschen mehr. Irgendwie geht es ja doch immer weiter und auf den Philippinen ist es super einfach unterwegs zu sein. Außerdem steht der alltägliche Büro-Wahnsinn meiner letzten Arbeit in Nichts dem oben beschriebenen Chaos nach. Und auf der Busfahrt wird mir dann doch wieder klar, was der Unterschied ist: die bunte, chaotische, abenteuerliche Fahrt nach MoalBoal ist zwar ein Tag Arbeit mit Routine und Chaos, aber um einen herum läuft ein nicht endender exotischer Film über eine fremde, großartige Kultur aus Landleben, Dorffesten, Kampfhähnen in Bastmattentaschen und Straßenchaos. Ein Gewühl, an dem man sich nicht sattsehen kann und auch wenn es anstrengend und herausfordernd wie ein Tag Arbeit ist, war es ein perfekter Tag, nachdem wir uns aufgerafft haben. Unsere Reise schwankt immer extrem zwischen Abenteuer und Entspannen unter Palmen mit narkotischem Meer- oder Sonnenuntergang-Ausblick. Die alltägliche Routine zu Hause, in der alles perfekt funktioniert und du nur wie alle anderen die ungeliebte Ameisenstraße entlangtrotten musst um zu deinem Ziel zu kommen, kann man hier tatsächlich schmerzlich vermissen. Sara und ich haben eine neue Wette am laufen: wann wird das erste lebendige Schwein zu uns in den Bus/Jeepney getrieben? Die Wette, wer zuerst fünf Menschen zusammen auf einem Motorrad fahren sieht, habe ich leider noch am selben Tag verloren.

Peter.