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Weihnachten naht mit großen Schritten und Peter und ich fahren nach Phnom Penh, Kambodschas Hauptstadt. Weil Kamboscha ja hauptsächlich buddhistisch geprägt ist, erwarten wir in unserem Hostel Weihnachtsflüchtlinge aus aller Welt, mit denen man am Weihnachtsabend vielleicht auf einen Cocktail zusammensitzen kann. Es kommt ganz anders als wir denken. Das Mad Monkey ist bekannt dafür ein Partyhostel zu sein, also genau richtig für uns um nicht alleine zu sein. Dass wir uns dann aber doch fehl-am-Platz fühlen hat mehrere Gründe.
Natürlich haben sich die kambodschanischen Händler und Herbergenbesitzer schon längst auf Weihnachtsflüchtlinge eingestellt. Und so begegnet uns im Eingangsbereich zum Hostel erstmal ein feierlich geschmückter Weihnachtsbaum mit Blinklichtern. Dazu gibt es im Essensbereich eine Weihnachtslied-Dauerbeschallung, damit bei den tropischen 28 Grad auch schön die Weihnachtsgefühle aufkommen können. Wir lassen uns von der Belegschaft inspirieren, am Weihnachtsessen teilzunehmen und schreiben uns in die Liste fürs Weihnachtsmenü ein. Ein Blick in die Hausbar am Vorabend zu Heiligabend verrät uns: das Partyhostel kommt seinem Ruf sehr gerecht. Ein lauter Haufen internationaler Jugend wird von einem noch lauteren Briten zu Trinkspielen und freien Shot-Runden animiert. Er selbst scheint der Party-Constructor zu sein, der selbst den größten Durst hat. Wir drücken uns am Tresen herum, zusammen mit den schüchternen kambodschanischen Mitarbeitern.

 

An Heiligabend wollen wir ein bisschen die Kultur der Hauptstadt entdecken, besichtigen das Nationalmuseum mit Khmer-Kunst verschiedener Epochen (12.-18.Jh.) und den Königspalast mit der angrenzenden silbernen Pagode. Die verschiedenen Buddha- und Hindu-Götterstaturen im Nationalmuseum sind wirklich sehr beeindruckend, zumal man bei den Darstellungen derselben Götter immense Unterschiede in Detailgenauigkeit und Kunstfertigkeit feststellen kann. Es werden sehr viele Exponate ausgestellt, die in den von uns bereits besichtigten Angkor-Tempeln gefunden wurden. Leider dürfen wir im Museum keine Fotos machen. Aber das Gebäude selbst ist auch schon sehr sehenswert.
Entäuschend empfinde ich allerdings den Königspalast. Der Thronsaal, in dem der derzeitige König Nerodom Sihamoni immer seine Staatsgäste empfängt, darf nur durch eine offene Tür von außen besichtigt werden und ebenfalls sind hier Fotos nicht erlaubt. Richtig schön finde ich allerdings die Silberne Pagode mit dem dazugehörigen Gelände. Die Silberne Pagode hat ihren Namen von dem komplett mit Silberplatten gefließten Boden, der aber leider wegen der vielen Touristen fast komplett mit Teppichen verdeckt ist. In der Pagode steht neben unzähligen kleineren ein großer Buddha, der angeblich komplett aus Gold sein soll und mit tausenden Diamanten geschmückt ist (davon darf man natürlich auch keine Fotos machen). Insgesamt hat mich unser kulturelles Programm schon etwas enttäuscht, aber ich glaube, wir sind von Siem Reap einfach noch zu over-templed.
Auf dem Rückweg zum Hostel packt Peter dann doch noch die Abenteuerlust, als wir an einem Grillstand vorbei kommen – er kauft sich einen gegrillten Hühnerfuß! Der entpuppt sich im Nachhinein auch ein bisschen als langweilig – schmeckt wie Hühnerflügel nur mit mehr Knochen…

 

Den Heiligen Abend verbringen wir im Hostel unter anderem am Kicker-Tisch mit einem indischen Pärchen. Währrend unseres Spiels stellt sich heraus, dass der Mann einen Monat lang in Wiesbaden studiert hat! So klein ist die Welt! Die Party ist dann pünktlich um 23 Uhr zu Ende, wie es sich für ein umsichtiges Hostel gehört (O-Ton des britischen Party-Constructors: Die Nachbarn wollen uns eh schon umbringen, dann sollten wir uns lieber an die Ruhezeiten halten). Peter und ich bleiben noch bis nachts wach um mit meiner Familie zu skypen – das gibt dem Heimweh einen echten Vorschub, aber ich freue mich riesig!
Das Christkind bringt uns am ersten Weihnachtsfeiertag ein nicht ganz so schönes Geschenk mit – Peter und ich haben eine Klimaanlagen-Erkältung. Deshalb lassen wir unseren geplanten Ausflug zu Mahnmalen der Roten Khmer Herrschaft (S21 und Killing Fields) fallen und bleiben den halben Tag im Bett liegen. Das Weihnachts-„Dinner“, für das wir uns angemeldet hatten, beginnt schon um 3Uhr mittags und stellt uns vor eine kleine Herausforderung, weil wir uns gar nicht Gesellschaftsfähig fühlen. Die Belegschaft hat alle Tische zu einer großen Tafel zusammengerückt und alle Weihnachtsflüchtlinge sitzen drumherum und speisen fürstlich gebackenen Schinken, Würstchen im Schlafrock, Apple Crumble und andere Köstlichkeiten. Peter und ich trödeln ein bisschen herum, gehen nicht pünktlich zum Essen und bekommen -leider leider – keinen Platz mehr an der Tafel und sitzen ein wenig abseits an einem einzelnen Tisch – was Besseres hätte uns in unserer Situation glaube ich nicht passieren können. Weihnachten ist gelaufen und wir schleppen uns nach dem Essen träge wieder ins Bett um für den nächsten Tag – wir fahren nach Saigon weiter – wieder einigermaßen fit zu sein.