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Von Saigon aus brechen Peter und ich für den Jahreswechsel zur 22-stündigen Busfahrt mit zwei Umstiegen (in Mui Ne und Na Trang) nach Hoi An auf, der laut Reiseführer touristischsten und gleichzeitig ursprünglichsten Stadt Vietnams – auf den Spagat bin ich mal gespannt!

Hoi Ans Altstadt wurde 1999 von der UNESCO zum Kulturerbe erklärt, weil sie die am besten erhaltene historische Hafenstadt Vietnams ist. Vom Vietnamkrieg so gut wie gar nicht behelligt, besitzt die Stadt zahlreiche alte Wohnhäuser, Versammlungshallen und Tempel, hauptsächlich aus dem späten 19. Jahrhundert. Aber schon im Mittelalter galt Hoi An als sehr wichtige Hafenstadt – die größte in Südostasien -, besonders für Japaner und Chinesen, die Hoi An entlang der Seidenstraße als einen der wichtigsten Handels- und Umschlagsplätze nutzten. Im 17.Jh. entdeckten dann auch die großen europäischen Handelsmächte die Stadt für ihre Geschäfte, waren aber nicht so erfolgreich wie die asiatischen Kollegen – und so ist heute das historische Stadtbild klassisch asiatisch geprägt.

 

 

Um fünf Uhr morgens werden wir aus dem Schlafbus gespuckt und bekommen von dem ganzen historischen Glanz erstmal nichts mit. Ich habe vorher schon den Fußweg zu unserem Hotel herausgesucht und wimmel die schon sehr wachen Tuk-Tuk-Fahrer mit einem sehr müden lächeln ab, die mir einreden, der Weg sei zu lang (long way, long way, take Tuk-Tuk). Fünf Minuten später stehen wir in der riesigen Hoteleinfahrt. Das Zimmer ist zu so einer frühen Uhrzeit natürlich noch nicht fertig und so gehen wir erstmal zu einem sehr frühen Frühstück ins nächste Restaurant, das gerade erst aufmacht. Zurück im Hotel müssen wir weitere drei Stunden warten und werden für die Wartezeit freundlich an den Pool verwiesen – na da lässt man sich doch gerne bitten. Leider lässt sich das Wetter nicht ebenso freundlich bitten – kaum haben wir unser Zimmer bezogen, regnet es und der Regen wird für unseren Aufenthalt ein ständiger Begleiter. Wehmütig denken wir an Na Trang, wo wir den Bus gewechselt hatten und beim Anblick der Strandpromenade am liebsten dort geblieben wären – hätten wir das nur mal gemacht…

 

Die historische Altstadt besichtigen wir natürlich trotz trübem Wetter. Mit einem Ticket für 120.000 Dong (5 Euro) erhält man als Tourist Zutritt zu fünf verschiedenen Gebäuden, Museen oder Tempeln – nicht zu vergessen DIE Hauptsehenswürdigkeit schlechthin – die Japanische Brücke, DEM Hotspot fürs Brautpaar-Fotoshooting. Peter und ich trennen uns für die Besichtigungen. Peter sieht die Brücke und diverse Familien- und Versammlungshäuser jenseits der Brücke, die eher japanischen Ursprungs sind. Ich gehe nicht über die Brücke und sehe mir neben Versammlungshallen chinesischer Stämme auch das Kermikmuseum an. Alle Versammlungshallen sind ähnlich aufgebaut: Auf einen kleinen Eingangshof folgt eine (je nach Größe der dort handelnden Berufs- oder Stammesgruppe) große oder kleine Versammlungshalle, in der Handelsgeschäfte abgeschlossen wurden. Dahinter kommt ein Schrein oder Tempel mit verschiedenen zu verehrenden historisch wichtigen Personen oder Göttern. In diesen Tempeln erstickt man fast vom Rauch der unzähligen Räucherstäbchen und Räucher-Gebetsspiralen. Vor den angebeteten Figuren finden sich Opfergaben wie Geld und Früchte, aber auch Schnaps und Zigarretten.

 

Zwischen diesen Sehenswürdigkeiten stehen lauter gleich aussehende Holzgebäude, die die typischen drei Touristenstadt-Geschäfte haben: Unterkünfte, Restaurants, Souvenirläden und (das ist ausnahmsweise mal neu) Schneidereien, die dir das neuste Kleid auf den Leib schneidern. Im Gegensatz zu den vielen Städten dieser Art, die ich schon überall auf der Welt gesehen habe, sehen jedoch fast alle Häuser mit Liebe zum Detail sehr schön eingerichtet aus. Und der Kassenschlager – bunte Lampions – werfen das Ganze noch in ein schönes Licht!

Die Lampions sind aber nicht nur schöne Deko-Artikel zum Verkauf – Silvester überschneidet sich mit einem Lampion-Fest, das besonders umfangreich am Fluss stattfindet: Große Gestelle sind über und über mit Lampions behängt und bunt leuchtende Tierfiguren stehen im Wasser. Sobald die Sonne untergegangen ist, wird man am Ufer von Frauen penetriert, die einem kleine mit Kerzen bestückte Papierlampen verkaufen. Diese soll man dann mit einem Wunsch zu Wasser lassen. Wir machen das an Silvester um das neue Jahr zu begrüßen. Silvester selbst läuft, trotz diverser Partys in zahlreichen Bars, verhältnismäßig ruhig ab. Den ganzen Abend lang gibt es immer wieder kurze Regenschauer, wir gehen ins Restaurant und flanieren danach ein wenig durch die Stadt. Um Mitternacht gibt es dann aber sogar ein offizielles Feuerwerk, das unter anderem am Geländer einer Brücke losgeht und sie komplett in Rauch verschwinden lässt.

 

Als letztes kulturelles Schmankerl sehen wir uns noch ein traditionelles Wasserpuppentheater an, das direkt gegenüber von unserem Hotel ist. In einem großen Wasserbassin zeigen ca. 50cm große Holzpuppen den asiatischen Alltag (Fischen, Bootsrennen) und Tänze von mythischen Sagen (Hoi Ans Gründungsmythos) und Wesen (Drachen, Feen etc.). Obwohl die Vorstellung nur eine Stunde lang dauert, empfinde ich das Theater als die Beste der gesehenen Attraktionen in Hoi An, einfach weil ich mich davon total bezaubern lassen habe.
Ich habe von Hoi An den Eindruck gewonnen, dass es zu unserem Besuch nicht so völlig überlaufen ist, wie ich befürchtet hatte. Zwar ist es sehr touristisch, aber durch die ganzen kleinen Häuser, die dicht gedrängt in den Gassen stehen, hat die historische Altstadt wirklich einen ganz besonderen Charme, der besonders abends wunderschön zur Geltung kommt.