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Von Hoi An aus gehts mit einer kurzen Busfahrt durch die Berge nach Hué. Unterwegs passieren wir die vietnamesische Wettergrenze, wo sich der im Winter regnerische Norden vom schönen tropischen Süden trennt. Außer einer kurzen, steilen Fahrt durch die Wolken merkt man davon aber nichts – es regnet zurzeit überall.
In Hué erwartet uns dann auch ein ziemlich trostloser Empfang: das Wetter ist wolkenverhangen grau, die riesige Stadt ist deprimierend-sozialistisch grau und selbst die wenigen Tuk-Tuk Fahrer, die uns am Bus erwarten sind lustlos und frustriert. Farblich politisiert wird das grau nur durch das endlose rot der Ho-Chi-Minh- und Hammer-und-Sichel-Fahnen, die an wirklich jeder Straßenlaterne flattern. Deplaziert stehen wir noch ein wenig im maroden Straßenbild und machen uns dann auf die Suche nach einem Hotel. Davon gibts unzählige, der Bus hat uns mitten im Backpacker-Viertel abgesetzt. Nach fünf Hotels und ein wenig verhandeln steht fest, dass fast jedes Hotel gleich ist und auch die gleichen 12 Dollar fürs Doppelzimmer kosten. Letztendlich landen wir im Hué Backpacker Hostel für 15 Dollar, dem Epizentrum westlicher Reisekultur in der Stadt. Dem hartnäckigen Sonnenbrillenverkäufer direkt vor der Tür kann man nur mit einem Blick in den Himmel klar machen, was wir gerade nicht unbedingt brauchen und wir haben auch mal wieder keine rechte Lust, von dem dutzend trübe rumhängenden Motorrad-Taxifahrern „zum Night Market“ gefahren zu werden. Peter und ich sind schon ziemlich über mit Städten und obwohl Hué eigentlich DAS kulturelle Highlight Vietnams ist, kommt es uns erstmal als ziemliche Zeitverschwendung vor, überhaupt hier zu sein. Also: chillen, essen, Weiterfahrt organisieren, schlafen und morgen schauen wir mal was noch so kommt: die Kaiserstadt.

 

Hué ist eine geschichtsträchtige Stadt, die am wohlklingenden Parümfluss liegt. Hier lebten und herrschten die Könige der Nguyen-Dynastie (1802-1945) und machten die Stadt damit zum Herzstück Vietnams. Von 1804-1833 wurde die Kaiserstadt gebaut, die sich in einer sogenannten Citadelle befindet – einem nach französischem Vorbild gebauten mit Mauern befestigten Areal, das durch einen Wassergraben und 10 Tore von der restlichen Stadt getrennt ist. Der Kaiserpalast und die sogenannte Purpurne Stadt sind ihrerseits auch nochmal durch einen Wassergraben von der Citadelle getrennt. Der Kaiserpalast diente ausschließlich der Politik und offiziellen Empfängen und Audienzen. Die verbotene Purpurne Stadt war der Wohnbereich der königlichen Familie – streng getrennt nach Räumlichkeiten für den König, die Königin und die Königinmutter.
Viele Teile des Kaiserpalastes und der Purpurnen Stadt wurden leider während des Vietnamkriegs stark zerstört oder gar komplett dem Erdboden gleich gemacht. Nur ein paar Gebäude, etwa das Refugium der Königinmutter und der sogenannte Tempel der Generationen, blieben erhalten. Seit den 1990er Jahren kümmert sich die UNESCO um den Erhalt und teilweisen Wiederaufbau einiger Gebäude, als man den geschichtlichen (und heutzutage vor allem den touristischen) Wert erkannte.

 

Der Tag ist wieder sehr trüb, als wir die Königsstadt besichtigen. Peter und ich sind beeindruckt von der wunderschönen asiatischen Architektur und der Größe des Areals. Der Nachteil ist nur, dass wir beide schon wieder völlig übersättigt sind von kulturellen Sehenswürdigkeiten und keinen Ansporn und keine Zeit für weitere Erkundungen haben. Für die ebenso sehenswerten Königsgräber, die den Parfümfluss abwärts liegen, haben wir keine Energie mehr. Der Parfümfluss an sich kommt seinem Namen auch überhaupt nicht gerecht: es ist eine braune träge Suppe mit hässlichem Ufer, das nicht gerade verlockend auf uns wirkt, auch wenn wir an der Uferpromenade allerorten eine romantische Bootstour zu den Königsgräbern angepriesen bekommen.

 


Sind wir mental etwa schon so übersättigt, dass wir die wunderbaren Dinge der Welt nicht mehr aufnehmen können? Tatsächlich fühle ich mich so, als wäre der Speicher so langsam voll – aber es sind noch 5 Wochen, die wir auf der Weltreise sind, die Zeit muss doch genutzt werden! Ich glaube, in Hué haben wir wirklich einen ordentlichen Durchhänger – uns fehlen Sonne, Strand, Wärme und Meer – und richtig neugierig sind wir auf die Höhlen und die Karstlandschaft von Phong Nha! Die vielen Städte, die wir jetzt hinter uns haben, wecken den immer lauter werdenden Ruf nach der Natur. Wir fällen die Entscheidung, dass wir am Ende unserer Reise noch ein bisschen in Thailand „Urlaub“ machen wollen und werden nicht nach Ha Noi und zur Ha Long Bucht fahren (da ist das Wetter momentan auch zu trüb und zu kalt), sondern die Zeit, die wir dort eingeplant haben, am Ende für Thailand nutzen. So ist unser nächstes Ziel – Phong Nha – das letzte vietnamesische Ziel, bevor wir schon weiter nach Laos fahren.