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Luang Prabang war über fast tausend Jahre lang die Hauptstadt der laotischen Königreiche und auch der Königssitz, bis in den 1970er Jahren die Monarchie in Laos abgeschafft wurde. Im Laufe der Geschichte entstanden dort und in der näheren Umgebung unzählige Tempel, von denen heute noch 30 Stück übrig sind. Im 18. Jahrhundert als französisches Protektorat deklariert, bot Luang Prabang einen wichtigen taktischen Standpunkt der Franzosen im Kampf gegen die Engländer und deren Kolonialpolitik. Der starke französische Einfluss ist heute noch in den vielen französischen Kolonialbauten und der sehr guten Kaffeekultur zu erkennen. Von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt, gilt Luang Prabang heute als am besten erhaltene historische Stadt Südostasiens und ist, eigebettet zwischen wilden, sanften Hügeln am Ufer des Mekong, sowas wie der meditative Inbegriff asiatischen Flairs. Das wiederum lockt die ehemaligen Kolanialherren zurück nach Laos und so sind französische Touristen genauso überall zu finden wie Gangs aus abenteuerlustigen Motorrad-Fahrern, die eine Tour durch den wilden laotischen Norden machen.

Die 46-stündige Ochsentour nach Luang Prabang hat uns wirklich sehr geschafft. Das Problem ist, dass sie in Luang Prabang natürlich noch nicht beendet ist. Unsere Ankunft ist einmal mehr früh morgens und unser reserviertes Zimmer im Hostel noch nicht fertig. Bis mittags müssen wir also übermüdet und ungeduscht noch die Zeit totschlagen. Die ersten paar Stunden verbringen wir beim Frühstück und mehreren Tassen Tee (es ist ziemlich kalt an diesem Morgen) in einer Bäckerei mit echt-französischem Charme. Danach, als die Sonne raus kommt, trotten wir ein wenig durch den Stadtkern und am Mekong-Ufer entlang. Dort finden sich einige französische Kolonialbauten und typisch laotische Holzhäuser, (heute alles Hotels und Boutiquen) die der ganzen Stadt ihre dichte Atmosphäre verleihen. Als wir endlich unser Zimmer beziehen können, verbringen wir den halben Tag schlafend – die Akkus müssen erstmal wieder aufgeladen werden um diese schöne Stadt gebührend zu besichtigen. Am späten Nachmittag machen wir uns dann auf und besteigen das Zentrum der Stadt – den Phusi-Hügel, auf dem eine vergoldete Stupa mit Buddha-Tempel steht. Um die dort unglaublich schöne Aussicht über die gesamte Talebene zu genießen, muss man aber zuerst einen Treppenweg erklimmen, der gesäumt ist von kleinen Verkaufsständen mit Opfergaben für Buddha. Neben Räucherstäbchen und Blumen gibt es auch kleine Bambuskäfige mit zwei winzigen lebendigen Vögeln zu kaufen. Diese sollen, wenn sie am Gipfel der Berges mit einem Wunsch freigelassen werden, Glück bringen. Der Hügel ist ein beliebter Ort um den Sonnenuntergang anzuschauen und die Aussicht auf das Umland in staubigem Dunst ist phänomenal. Als es dort aber immer bevölkerter wird und die Kameras und Selfie-Sticks überhand nehmen, ergreifen Peter und ich die Flucht und steigen wieder hinab – vorbei an einer Tempelanlage, die einen Fußabdruck Buddhas beherbergt.

 

Jeden Abend, sobald die Dämmerung einsetzt, wird die Haupt-Verkaufsstraße für den Straßen- besser gesagt für den Tuk-Tuk-Verkehr gesperrt und der Nachtmarkt aufgestellt. Wie Pilze schießen dann Pavillions aus dem Boden. Unter jedem einzelnen sitzt eine Verkäuferin und wartet auf Kundschaft für die selbstgewebten Tücher, Taschen, Lackschüsseln, Schlüsselanhänger, Essstäbchen, Silberschmuck und was man sonst noch so an den Touristen – äh, Käufer – bringen kann. Solche Märkte kennen Peter und ich ja schon. Aber dieser Markt hat die Besonderheit, sehr ruhig und verhältnismäßig leise zu sein. Hier ist es nicht so, dass jeder Verkäufer dich lauthals für seine Ware zu überzeugen versucht, wenn du nur eine Sekunde zu lange auf die Auslage schaust! Nein, die Laoten sind ein sehr ruhiges Völkchen, das seine Geschäfte und Feilschereien sehr ruhig angeht – ein Grund, warum ich diesen Markt so unglaublich faszinierend und schön finde! – echt sehenswert!

Rund um Luang Prabang gibt es viele Aktivitäten, die sich rund um Tempel und Wasserfälle drehen. Jeder Tuk-Tuk-Fahrer möchte uns zur Pak-Ou-Höhle fahren, einer Kalksteinhöhle, die mit hunderten „ausgemusterten“ Buddhas zugestellt ist, die keiner mehr haben wollte. Den Weg dorthin kann man auch mit dem Boot auf dem Mekong hinter sich bringen, natürlich mit dem obligatorischen Zwischenstopp in „Whiskey-Town“ um Andenken zu kaufen. Aus Zeitmangel entscheiden wir uns dagegen – es warten in Laos noch andere schöne Höhlen auf uns. Viel lieber möchten wir uns ein paar der schönen Wasserfälle ansehen.

 


Unser erstes Wasserfall-Ziel sind die Tad Thong Fälle, die eher unbekannt und deshalb noch ein wirklich echter Geheimtipp sind! Wir mieten uns zwei Mountainbikes und radeln die 7km dorthin. Bis auf einen verschlafenen Wächter, der uns das Eintrittsgeld kassiert, ein paar einheimische Picknicker und einem anderen westlichen Pärchen, treffen wir hier tatsächlich niemanden an! Die Wasserfälle sind wegen der Trockenzeit eher ein verschlafenes Rinnsal, aber der Rundweg ist wunderschön und führt durch einen herrlich verwachsenen Urwald, der mich wegen dem vielen Bambus ein wenig an den Wald auf Ihla Grande in Brasilien erinnert – fehlt nur noch das Geschrei der Brüllaffen.

 


Der zweite Wasserfall-Ausflug muss leider um einen Tag verschoben werden – das Essen fordert zu ersten Mal auf unserer Reise ein schwereres Opfer: Ich habe wohl etwas falsches gegessen, das mein Magen auf keinen Fall bei sich behalten will. So verbringe ich die halbe Nacht im Bad statt im Bett und bin dementsprechend für den nächsten Tag nicht zu gebrauchen. Peter lässt mich im Hostel zurück und macht eine Fototour durch die Stadt, unter anderem auf dem Gelände des Königspalastes – schade, dass ich das jetzt auch nur auf Fotos sehen kann!

Frisch auskuriert mieten wir uns also am darauffolgenden Tag einen Roller und fahren zu den Kuangsi-Wasserfällen, der meistfrequentierten Sehenswürdigkeit im Umkreis von Luang Prabang. Allein der 30 km lange Weg über Land ist super schön! Wir haben diesmal nur einen Roller und ich sitze hinter Peter auf dem Sattel und klammer mich die ersten paar Kilometer an zwei Griffen neben meinem Hintern fest, bis das ungewohnte Mit-in-die-Kurven-legen geübter ist. Die Straße ist teilweise richtig schlecht, es gilt haufenweise Schlaglöcher zu Umfahren um sich nicht wie viele andere Toristen hinzulegen und mit übelsten Schürfwunden zu verzieren.

Am Markt vor dem Park-Eingang gibts erstmal ein leckeres Mittagessen und nachdem wir den für Laos horrenden Eintritt bezahlt haben, schauen wir uns Schwarzbären an, die zuvor aus der Gefangenschaft bei illegalen Tierhändlern befreit wurden. Ihr neuer Käfig ist wesentlich größer (zum Vergleich der kleine Käfig in dem Peter sitzt), aber mehr als fressen und faul in der Hängematte liegen ist auch bei ihnen nicht drin. Wir gehen an den Büschen mit 15cm großen Riesenspinnen weiter zu den Wasserfällen, wo sich strahlend-hellblaues Wasser über unzählige Terrassen zwischen den Bäumen hindurchplätschert. Es sieht super paradiesisch aus, zu schön und perfekt um nicht von irgendwem genau so als großartiges, himmlisches Erfrischungsbad für uns geplant worden zu sein. Sogar die krasse Nachmittagshitze passt prima dazu und die ersten andern Leute rufen uns schon zu, endlich auch ins Wasser zu springen!

 

Aber hinter den Bäumen etwas oberhalb entsteht Tumult. Menschen mit geschockten Gesichtern kommen uns entgegen. Eine Frau im Bikini fragt uns ob hier ein Arzt ist. Jetzt sieht man, dass auf der Terrasse über uns jemand wiederbelebt wird. Wir laufen mit der Frau zurück zum Eingang um Hilfe oder einen Krankenwagen zu holen. Unterwegs hat niemand ein Handy, aber wir treffen tatsächlich eine andere Frau die sagt, dass sie Ärztin ist. Am Eingang wird die Situation dann wirklich gruselig: Als wir dem Park-Personal die Lage schildern, passiert erstmal gar nichts. Es wird freundlich asiatisch gelächelt und versucht, unsere Aufregung zu verstehen. Kulturelle Gräben tun sich auf und wir wissen nicht so ganz, wie die Leute hier mit sowas umgehen. Dann schwingt sich doch einer der Park-Ranger auf seinen Roller um mal nachsehen zu fahren. Ein Krankenwagen aus Luang Prabang wird nicht kommen. Als wir zurück zu den Wasserfällen gehen, treffen wir die asiatische Ärztin wieder, die nur lapidar sagt, dass die Frau tot ist und wohl zu lange leblos im Wasser lag. Dann kommen uns den Weg vier Männer mit der toten, vielleicht fünfzigjährigen Koreanerin entgegen um sie zur Straße zu tragen. Sie blutet aus der Nase, ihre Freundin versucht immer wieder verzweifelt, sie auf dem Pfad liegend wiederzubeleben. Aber es ist wohl zu spät und sie ist tot. Wir bleiben mit einem ziemlichen Schock zurück und fragen uns, was man hätte tun können. Von anderen erfahren wir, dass sie wohl ausgerutscht und auf den Hinterkopf gefallen ist, was auch immer. Schwimmen ist gelaufen für heute und wir machen uns mit weichen Knien auf den Weg zum eigentlichen Wasserfall. Nach einer halben Stunde ist im Park wieder alles so, was wäre absolut nichts geschehen.

 

Wir schauen uns also nach der Aufregung doch noch alle Wasserfälle im Park an. Der Größte stürzt über eine 60m hohe Klippe und bildet den Anfang für die darunter liegenden Terrassen mit ihren großartigen türkisfarbenen Pools. Schon der große Wasserfall springt über mächtige Stalaktiten in die Tiefe und das sehr mineralhaltige Wasser bildet durch die Ablagerung an Hindernissen (das kann schon eine kleine Baumwurzel sein) Travertingestein, das sich weiter auftürmt und die auf den Bildern zu sehenden Terassen bildet. Das selbe Phänomen ist auch in Tropfsteinhöhlen zu sehen, die viel Wasser führen. Das alles sind typische Prozesse der Karstlandschaft um uns herum.

 

Vom Fuß des großen Wasserfalls machen wir uns auf den Weg hinauf zur Klippe. Wir klettern einen supersteilen, matschigen Abhang hinauf, den man eigentlich nur dank der ausgetrampelten Fusspuren anderer Touristen und den zahlreichen Baumwurzeln zum Festhalten bewältigen kann. Aber der Weg lohnt sich: oben plätschert fast geräuschlos der kleine Fluss verästelt zwischen dutzenden Inselchen der Klippe entgegen und der Pfad führt über wackelige Holzbrückchen direkt an der Abbruchkante des großen Wasserfalls entlang. Das Wasser ist so flach, dass man gefahrlos bis zur Kante laufen und einen spektakulären Blick auf die Umgebung erhaschen kann. Außer uns ist fast niemand hier oben und die Idylle unter den Bäumen, das Rauschen des Wasserfalls tief unter uns und die lauschige Dschungel-Atmosphäre sind großartig. Auf verschlungenen Pfaden, vorbei an Raketenbäumen und über eine Treppe, die direkt am Wasserfall vorbeiführt, gehts wieder hinunter. Weil es schon spät ist und wir noch vor Sonnenuntergang zurück sein müssen, gehen wir zurück zu unserem Roller. In einer tollen Abendstimmung fahren wir wieder durch die großartige Landschaft zurück nach Luang Prabang.

Weil wir morgen schon weiter nach Vang Vieng fahren, gehts abends nochmal auf den tollen Nachtmarkt und durch die verschlungenen kleinen Gassen der Stadt. Direkt gegenüber unseres liebsten Mango-Shake-Stands finden wir, nachdem vor allem ich so viel Pech mit dem Essen hier hatte, das ultimative Straßenstand-Essen-Paradies: Eine winzige Gasse ist von vorne bis hinten vollgestopft mit dutzenden Essenständen,  unter deren riesigen, ausladenden Buffets sich die Tische biegen. Es gibt wirklich ALLES, was man sich von echtem, exotischem, asiatischem Essen erhoffen und erträumen kann und alles sieht super lecker aus. Und wir kommen gerade, kein Witz – vom Pizzaessen!