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Wir haben eine lange Reise hinter uns, als wir todmüde in irgendeinem Zimmer ohne Klimaanlage in Surat-Thani ins Bett kippen: In grademal 29 Stunden schlagen wir uns von Vang Vieng aus in bewährtem asiatischem Reisetstyle durch acht verschiedene Busse Richtung der traumhaften Andamanensee durch. Wir sind mittlerweile Profis, und fahren also mit den Locals zum halben Preis, statt mit dem Touristen-Bus. Wir überwinden die thailändisch-laotische Grenze in grademal 2 Stunden, wir durchqueren die ganze 10-Millionen-Stadt Bangkok in grademal zwei Stunden UND erwischen den letzten Morgen-Bus nach Surat Thani. Wir steigen acht mal in den jeweils richtigen Bus, und das ist das eigentliche Wunder. Ständig heißt es aussteigen, entweder mit- oder ohne Gepäck, in irgendeiner wildfremden Stadt zu irgendeiner unmenschlichen Tages- oder Nachtzeit an beängstigenden Straßenecken stehen und auf den nächsten Bus für die nächste Etappe warten. Laden die Bus-Leute jetzt unser Gepäck um oder hätten wir das besser mitnehmen sollen? warum stehen hier nurnoch andere Fahrgäste und keine Busfahrer mehr? Woran sollen wir den nächsten Bus erkennen, und wo sind jetzt unsere ganzen Mitfahrer hin? Warum sollen wir jetzt in einen MiniVan steigen / einem wildfremden Typen folgen (und sind die andern noch unsere ursprünglichen Mitfahrer? Alle sehen gleich asistisch aus!) fahren wir damit jetzt zum Bus / irgendein Hotel / werden wir entführt / und wo zum Geier ist unser Gepäck?! Das überaus beängstigende Chaos ist für Gringos natürlich nicht als logistische Meisterleistung erkennbar, außer man lässt einfach alles los, folgt dem buddhistischen Prinzip, sein Schicksal demütig anzunehmen und zu akzeptieren was kommt. Damit funktioniert hier alles: Folge dem großen Fluss der Farangs, dein Gepäck ist dabei nur weltlicher Ballast! (Deine Kreditkarte hast du ja noch in der Hosentasche) Sorge dich nicht, ob heute noch der Bus nach Bangkok hier vorbeikommt, denn auch in Vang Vieng gibts schöne Hotels, und es ist doch in einem schönen Land eigentlich egal, wo genau man ist! (Und morgen kommt ja auch schon der nächste Bus) Und beschwere dich nie-nie-niemals dass etwas nicht klappt, das unterbricht den unergründlichen, schicksalhaften Fluss deiner Reise und lässt dein Gegenüber sein Gesicht verlieren. Stattdessen ist es besser, mit den Busfahrern um die Wette zu Lächeln, gutes Karma zu versprühen und alles unwichtige loszulassen, dann ist Dir die wirklich grenzenlose, großherzige Hilfsbereitschaft der Menschen dort sicher. Alles geht dann einfacher, Fahrkarten werden billiger, der Kopf freier und dein Blick auf die schönen Dinge klarer. Am Ende ist es mir WIRKLICH egal, ob mein Rucksack (voll dreckiger Wäsche) auf immer weg ist, ob es heute oder morgen weitergeht, oder ob wir im richtigen Bus sitzen. Es stellt sich ein neues Gefühl von Freiheit und Abenteuerlust ein, und ich merke, dass ich vielleicht genau DESHALB auf Reisen gehen wollte. Deutsche Bahn fahren kann jeder.

Zurück nach Surat Thani: mit dem Van gehts nach kalter Dusche und Frühstück weiter zum Khao Sok Nationalpark, wo wir eine Pfahlbau-Hütte an einem kleinen Bach beziehen. Der Dschungel fängt genau auf der anderen Seite an, was man an den Affen in den Bäumen und den Schlangen im Wasser erkennen kann. Die Schlange fällt mir aber leider erst nach 2 Tagen auf, nachdem ich ausgiebig im erfrischenden Nass gebadet habe.

Bei unserer Runde durch das kleine Dorf (es besteht eigentlich nur aus Resorts mit Restaurants und Tour-Büros und zwei Supermärkten) fällt auf, dass wir mittlerweile wieder in die Pauschaltouristen-Welt zurückgekehrt sind: überall europäische Touristen, also so richtige Familien mit kleinen Kindern und Rentner. Auch eher Leute, die ausnahmsweise mal weiter als Malle geflogen sind statt den indigen-kultur-interessierten Franzosen in Laos. Als bestes Erlebnis laufen wir durch den Wald zu einer abgelegenen, aber ausgetrockneten Badestelle, wo schon andere blasse Kollegen ausgelassen in der schlammigen Pfütze planschen. Irgendein Straßenhund springt auch herum, und unvermittelt ruft uns die junge Touristin in der Pfütze auf tiefstem Mannheimerisch entgegen: ei wo kummt dann der Hund her?! und der dicke Typ neben uns sieht sich um, guckt uns an und ruft zurück: ei vun dene die grad kumme sind! Sara und ich brechen fast zusammen.

Am nächsten Tag gehts in den Urwald: Neben unserem Resort liegt der Parkeingang, und nachdem wir die Gebühr für 3 Tage bezahlt haben, machen wir uns auf einen reichlich unspektakulären Wanderweg, der angeblich zu drei Wasserfällen führt. Über einen kleinen Pfad kommen wir zu einem Bach, der zwischen riesigen rundgewaschenen Felsbrocken dahinplätschert. Wir springen also erstmal ins kühle Nass, duschen mit den abgesägten Bambus-Röhren, finden eine Wasserschildkröte und irgendwann tauchen aus dem Urwald ziemlich zutrauliche Affen auf. Wir lassen uns aus dem Laubwerk beäugen, dann springen die Männchen auf die Felsen und die jungen Affen kämpfen ein bißchen zum Spass. Ein Affe hat ein ganz kleines Junges dabei. Zuletzt belästigt der größte Affe noch zwei französische Jugendliche; ich lasse mich anfauchen, weil ich den kämpfenden Affen beim Fotografieren zu nahe komme, dann sind wir endgültig zu uninteressant für die Primaten und sie ziehen in den Urwald weiter. Wir laufen auch wieder zum Weg zurück, erforschen noch ein bißchen den gesperrten, angeblich total gefährlichen Teil des Walds, den man nur mit Führer betreten darf und laufen dann wieder zum Ausgang zurück. Abends gibts Rum mit Cola (was sonst) und wir sitzen romantisch auf der Veranda und lauschen den Geräuschen des Dschungels.

 

Die folgenden zwei Tage sind wir dann auf einer Tour im Dschungel des ‚richtigen‘ Khao Sok-Park: wir fahren zum Chiao-Lan Stausee, der sich weit verzweigt um die steilen, hohen Karstberge windet. Mit dem Langboot gehts erstmal zu unserem neuen auf dem See schwimmenden Zuhause: einer Reihe winziger Bambushütten, die auf Bündeln von meterdicken Baumstämmen gebaut wurden. Auf dem Weg werden wir ordentlich nass, denn es ist ziemlich windig und das Boot prescht mit ordentlichem Spritzen durch die halbmeter hohen Wellen. Unser Guide, ein ziemlich dicker Thai mit unerschütterlich guter Laune, zuckt dabei mit den Schultern und ruft: Big windy today!

Nach dem Mittagessen und ausgiebigem Schwimmen im See gehts mit dem Langboot zum absoluten Highlight der Tour: Nach einer kurzen Wanderung durch den Dschungel, Tarzan-Schwingen an der Liane und Planschen im Fluss führt uns der Weg durch die Nam-Talu-Cave.

 

Der Bach, dem wir folgen, verschwindet unscheinbar in einer Felsspalte, hinter der sich eine zunächst ziemlich schmale Höhle öffnet. wir krabbeln, nur in Badesachen, dem Wasser hinterher, als würden wir eine riesige natürliche Wasserrutsche hinaufklettern. Zunächst ist unser Guide etwas besorgt wegen dem Wasserstand, aber über die unterirdischen kleinen Wasserfälle und Klippen kann man ganz gut hinaufklettern. Auch die kurzen Passagen, wo man im Dunkeln nur gegen den Strom schwimmend weiter vordringen kann, sind kein Problem sondern ein riesiger Spaß. In der schwülen tropischen Hitze ist die kühle Höhle und das warme Wasser eine super Erfrischung, und es kommt einem alles vor wie in einem übernatürlichen Erlebnisbad. Dann öffnet sich die Höhle wieder zu breiten Hallen, wo wir neben dem Fluss auf trockenem Boden weiterlaufen können. Die üblichen Heerscharen von Fledermäusen hängen von der Decke, flattern um unsere Köpfe und beschweren sich lautstark über die „nächtlichen“ Besucher. Das Bachbett hat sich streckenweise in einem perfekten Rund wie die Röhre einer Wasserrutsche in das Karstgestein gefressen. Die Stalaktiten sind natürlich auch wieder beeindruckend. Das abenteuerliche Schwimmen durch den unterirdischen Fluss, klettern über die Wasserfälle und die großartige Erfrischung dabei machen die Nam Talu zur wahrscheinlich bestern Höhle in Asien für mich.

Nach einem halben Kilometer kommen wir schließlich am Eingang auf der anderen Seite des Bergs heraus. Unser Guide ist erleichtert und erklärt uns, warum wir vom unteren Ende stromaufwärts durch die Höhle geklettert sind: Bei Regen schwillt das Bach oft sprunghaft an und die Engstellen in der Höhle werden dann komplett überflutet. Gegen die Strömung würde man dann nicht mehr ankommen, und wird unweigerlich zu der Engstelle mitgerissen, an der vor ein paar Jahren schon eine 20-köpfige Gruppe in genau dieser Situation ertrunken ist. Gruselig, aber trotzdem hatten wir unser großartigstes und lustigstes Höhlen-Abenteuer ever!

 


Zurück zu unseren Raft-Hütten gehts natürlich erstmal wieder ins Wasser und nach dem Abendessen wollen wir noch eine Boots-Safari machen. Wie schon im Pantanal machen wir uns in der Dunkelheit mit einem starken Scheinwerfer auf den Weg, um die nachtaktiven wilden Tiere zu beobachten. Es soll angeblich Hirsche, wilde asiatische Elefanten, Leoparden und den gefährdeten Malaienbär zu bestaunen geben, die nachts aus dem jahrtausende alten Regenwald zum Seeufer kommen um zu trinken. Natürlich sehen wir kein einziges Tier und unser Guide runzelt fortwährend besorgt die Stirn und raunt wiederholt geheimnisvoll: Big windy today! Tatsächlich ist es noch ein bischen windig, da kommen die Tiere nicht zum Ufer, weil es zu gefährlich ist.
Am nächsten Tag räumen wir unsere Hütte schon für die nächsten Besucher, und nach dem Frühstück mit Bananenpfannkuchen gehts mit dem Boot zur Bat Cave, in der es, naja, ziemlich viele Fledermäuse gibt. Wir wandern wieder durch den verwunschenen Dschungel. In der Höhle wartet erstmal eine 4 Meter lange Schlange auf uns, und bevor wir die mit tausenden schlafenden Fledermäusen besetzte Höhlendecke bestaunen, entdecken wir noch riesige, handgroße Skorpionspinnen und Tigerspinnen. Nach dem Mittagessen auf einem schwimmenden Restaurant und Planschen im See gehts dann wieder über den see zurück ins Khao-Sok-Ferienresort-Dorf, und wir verabschieden uns von der Wildnis und unseren Reisegefährten.

Peter.