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Unsere Reise nach Sydney fängt in Santiago sehr früh und in strömendem Regen an. Das Flugzeug kommt mit Verspätung an und muss dann noch vor dem Start repariert werden, weil ein Triebwerk nicht anspringt oder so. Innerhalb von 14 Stunden machen wir dann den Sprung über den gesamten Pazifik, 13.000 Kilometer innerhalb eines Tages, der immerhin um die 36 Stunden dauert. Das rächt sich in Sydney die nächsten Tage noch fürchterlich, weil wir jeden ‚Morgen‘ um 4 mit Jetlag aufwachen und stumm im Bett in einem 8-Bett-Zimmer auf das Frühstück ab 8 warten.

Unser Hostel ist sowieso ziemlich speziell. Wir haben das mit Abstand billigste Hostel gebucht, vielleicht auch das schäbigste in ganz Sydney. Aber hey – wir kommen grade aus Südamerika. Es gibt Türen in den Bädern, die man abschließen kann, das Gebäude ist nicht aus Brettern und Wellblech zusammengenagelt, die Zimmer haben Fenster (mit Glasscheiben drin), es gibt Teppich statt Lehmboden oder rohem Beton, die Dusche ist sofort ultra-heiss und es prasselt auch richtig viel Wasser auf einen hinab. Und das Wasser riecht auch nicht nach dem winzigen Wasserloch vor der Tür, in dem drei Kaimane leben. Wir sind also abgehärtet und das Beste ist: wir wohnen in Sydney auf der George Street mitten in China-Town, was ultra-zentral und sehr lustig ist.

 

Außerdem ist das Hostel eine echte Backpacker-Residenz, mit etwas abgerissenen longterm-Bewohnern, Stockbetten, die mit Handtüchern und Bettlaken zu 2qm-Bettenburgen umgestaltet werden (nach der zweiten Nacht haben wir sowas dann auch) und völlig chaotischen, überfüllten und jeden Tag anders besetzten 8-Bett Zimmern. Die gemeine Bettenburg ist auch die einzige Chance, mal für sich alleine zu sein. In unserem Zimmer wohnen gleich zwei (asiatische) Dauerbewohner, die gruseligerweise immer in ihrem winzigen Leintuch-Palast hocken und nie rauskommen. Wir finden aber sehr schnell Anhang und wie ich Sara schon im Flugzeug vorhersage, ist der Laden voller 18-jähriger Deutscher, die mit großen Augen und großen Plänen jeden Tag frisch vom Flugzeug ausgespuckt werden um 6 Monate Work and Travel in Australien zu machen und sich jetzt erstmal Arbeit suchen müssen. Die nächsten Tage gehen wir also öfter mit Niklas (aus Deutschland) und Paolo (aus Brasilien) in die Stadt und an den Strand, oft sitzen wir aber auch den halben Tag in der Lounge rum und arbeiten unseren Plan für die Fahrt nach Melbourne aus.

 

Schon in Chinatown, unserer direkten Umgebung, gibts einiges zu sehen: Vor unserem Hostel wohnt ein Obdachloser auf dem Gehweg mit fest installiertem Bett, Radiomusik und sogar einem eigenen Aquarium! Als wir zwei Wochen später aus Melbourne wiederkommen, ist er leider umgezogen. Die Chinesen haben in Chinatown übrigens auch ihre eigene chinesische Shopping-Mall, in der wir chinesisch essen gehen.

 

Ansonsten schauen wir uns natürlich die typischen Sehenswürdigkeiten an, die Sydney ausmachen und sich irgendwie kein bisschen unterscheiden von vergleichbaren Metropolen. Sydney ist zur ersten Hälfte wie London und zur zweiten wie New York – ohne das absichtlich sehr exzentrisch geratene Opera House wüsste man also gar nicht, in welcher Stadt man grade ist. Das klingt ziemlich gemein, aber tatsächlich finde ich die üblichen Highlights – Central Sydney, Harbour Bridge, Botanischer Garten, die vielen spannenden Museen – zwar ganz nett, das gibts aber in jeder Großstadt und kann Sydney nicht so wirklich ein eigenes Gesicht geben. Viel interessanter ist die verwinkelte Bucht, um die sich die Stadt windet, mit vielen kleinen Stränden, Segelyachten und Wohngebieten direkt am Wasser, was schon im Landeanflug spektakulär anzusehen ist. Das tropische Klima, mit Palmen, goldbraunen Surf-Stränden und entsprechend entspannten Leuten ist aber das eigentliche Highlight und in Bondi Beach und den andern Pazifik-Vororten liegt immer Ferienstimmung in der Luft.

Am Besten ist für mich aber die Erkenntnis, dass es auf der anderen Seite der Welt nochmal fast genau dasselbe gibt wie zu Hause: dieselben Städte, mit derselben Kultur und demselben way of life; nur mit mehr Sonne, Palmen und Stränden und oft entspannter, freundlicher und offener als im lauten, gestressten, viel zu verregneten Europa. Nachdem Sara und ich fast zwei komplette Monate in Südamerika unterwegs waren, ist Australien einfach zu verstehen und sehr vertraut und alles funktioniert wie man es erwartet und wir machen einfach: Ferien wie daheim.

Peter.